Falsches Leben

Folge: 748 | 6. Dezember 2009 | Sender: MDR | Regie: Hajo Gies
Bild: MDR/Andreas Wünschirs
So war der Tatort:

Schlagkräftig.

Wir schreiben die 61. Minute des 748. Tatorts: In der roten Ecke, ausgestattet mit zwei großen roten Boxhandschuhen, wartet Hauptkommissar Andreas Keppler (Martin Wuttke) im stilsicheren weißen Unterhemd.

In der blauen Ecke, komplett in schwarz gekleidet, lauert sein Kontrahent Norbert Zirner (Volkmar Kleinert, Buntes Wasser), der sofort in die Offensive geht und nach wenigen Sekunden dafür büßen muss: Schon mit dem ersten Treffer schickt ihn Keppler zu Boden, um allerdings kurz darauf selbst benommen in den Seilen zu hängen.

Austeilen kann er, der Keppler, ebenso einstecken, und stellt dies in der amüsantesten Szene von Falsches Leben eindrucksvoll unter Beweis. Leider ist der Kampf schon nach kaum einer Minute wieder vorbei: Kepplers Kollegin Eva Saalfeld (Simone Thomalla) gesellt sich zu den Boxern an den Ring und der spontane Faustkampf bleibt die einzige Szene, bei der wirklich laut gelacht werden darf.

Ansonsten inszeniert Hajo Gies (Moltke), der bereits zum zwanzigsten Mal für einen Tatort auf dem Regiestuhl Platz nimmt, nämlich einen biederen, typischen Leipziger Tatort, bei dem trotz zahlreicher prominenter Nebendarsteller nie wirklich Leben in die Geschichte kommt. Auch die diesmal auffallend häufigen Frotzeleien des ehemals liierten Ermittlerduos wirken fürchterlich aufgesetzt und werden zu allem Überfluss auch noch für einen müden Running Gag überstrapaziert.


SAALFELD:
Du hast früher schon keine Ahnung von Parfum gehabt.

KEPPLER:
Wieso? Ich hab dir doch mal Parfum geschenkt! Und das haste geliebt!

SAALFELD:
Ach ja, stimmt. Stimmt, damit hat meine Mutter den alten Bauernschrank abgebeizt.


Mit Sergej Moya, der später im Saarbrücker Tatort Hilflos als Hauptverdächtiger brilliert, der bezaubernden Lavinia Wilson (Das zweite Gesicht), dem Kino- und Theaterdarsteller Dieter Mann (Edel sei der Mensch und Gesund) und der stark aufspielenden Thekla Carola Wied in der Rolle als Kunsthistorikerin Hannah Wessel sind die Voraussetzungen für einen kniffligen Whodunit eigentlich glänzend: Keiner der Namen sticht in Sachen Prominenz so deutlich aus dem Cast hervor, als dass er sich in bester Tatort-Tradition unausweichlich als Mörder aufdrängen würde.

Leider verhebt sich Drehbuchautor Andreas Pflüger (Berliner Bärchen) an der Mammut-Aufgabe, gleich ein halbes Dutzend verschiedener Handlungsfäden in seiner Geschichte stimmig miteinander zu verweben, weil bei knapp 90 Minuten Spielzeit fast zwangsläufig der Tiefgang auf der Strecke bleibt.

Teure goldene Grabbeigaben, die bis heute im Umlauf sind, der Werdegang von Saalfelds Vater als nicht immer korrekter Polizist, Grundstücksstreitereien und natürlich ein bisschen Stasi- und DDR-Historie: Vieles bleibt in Falsches Leben Stückwerk, ohne nach dem Abspann nachhaltig in Erinnerung zu bleiben.

Außer Kepplers eindrucksvollem Niederschlag im Boxring, versteht sich.

Bewertung: 4/10

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