Die fette Hoppe

Folge: 891 | 26. Dezember 2013 | Sender: MDR | Regie: Franziska Meletzky
Bild: MDR/Andreas Wünschirs
So war der Tatort:

Kugelrund.

Die Weimarer Kriminalkommissarin Kira Dorn (Nora Tschirner) präsentiert in Die fette Hoppe nämlich neunzig Minuten lang ihren Babybauch – doch auch sonst ist das Debüt von Tschirner und ihrem Tatort-Partner Christian Ulmen, mit dem sie schon häufig auch für Kinoproduktionen vor der Kamera stand, eine durch und durch runde Sache.

Die Erwartungen an den im Vorfeld zunächst als einmaligen "Event-Tatort" angepriesenen Krimi, dessen Fortsetzung schnell beschlossene Sache war, hätten höher kaum ausfallen können: Das Ausstrahlungsdatum am 2. Weihnachtstag ist umkämpft wie kaum ein zweiter Termin im Jahr, die Besetzung der Hauptrollen prominent und Regisseurin Franziska Meletzky bereits mehrfach tatorterprobt (zuletzt inszenierte sie den Lindholm-Doppelpack Wegwerfmädchen und Das goldene Band).

Auch beim Drehbuch geht der MDR auf Nummer sicher: Murmel Clausen schrieb unter anderem das Skript zum Mega-Kinoerfolg Der Schuh des Manitu und sein Autorenkollege Andreas Pflüger arbeitet mit Die fette Hoppe bereits zum 18. Mal an einem Fadenkreuzkrimi mit.

Diese Maßnahmen zahlen sich aus: Trotz eines klassischen Fehlstarts, bei dem die hochschwangere Dorn ihrem vornamenlosen Kollegen Lessing im Schwitzkasten eines Geiselnehmers ein plump vom damals werdenden Vater und späteren ARD-Fußballexperten Mehmet Scholl abgekupfertes Zitat zum Besten gibt ("Mir ist völlig egal, was es wird. Hauptsache er ist gesund."), laufen Tschirner und Ulmen mit zunehmender Spieldauer zu Hochform auf und hauen sich die meist mehr, selten weniger amüsanten One-Liner fast im Minutentakt um die Ohren.


DORN:
Sie sollten doch bei der Leiche bleiben!

LESSING:
Joa. Die läuft doch nicht weg, Frau Dorn!


Der Tatort aus Münster lässt grüßen – doch während Thiel und Boerne als Figuren in die Jahre gekommen sind und immer seltener an die Klasse früherer Tage anknüpfen, sind die neuen Kollegen aus Weimar naturgemäß noch völlig unverbraucht.

Als besonders gelungener Coup erweist sich die Entscheidung der Filmemacher, dem Publikum zunächst zu verschweigen, dass Lessing und Dorn liiert sind und das Baby das gemeinsame der Kommissare ist – der verblüffende Paukenschlag im Mittelteil des Films ist ein wahrer Geniestrich und legt den Grundstein für weitere amüsante Folgen aus der Dichterstadt.

Mit einem Tatort der alten Schule hat das natürlich wenig zu tun: Die tiefgefrorene Leiche, die weitergereicht wird wie eine Schaufensterpuppe, finden Lessing und Dorn erst nach einer Stunde, Auflösung und Täterfrage sind zweitrangig und der auffallend ironische Kontrapunkt zum ernsten Rest der Krimireihe ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Dabei fügen sich auch Kriminalhauptkommissar Kurt Stich (Thorsten Merten, Der tote Chinese) und Kriminaltechniker Hans Bangen (Wolfgang Maria Bauer, Nie wieder frei sein) stimmig ein, wenngleich sie den Kinostars Tschirner und Ulmen erwartungsgemäß das Feld überlassen.

Wer Spannung sucht, wird in Weimar allerdings keine finden: Verfolgungsjagden absolvieren die Ermittler in der gemütlichen Kutsche des tatverdächtigen Caspar Bogdanski (Dominique Horwitz, Schatten), während im Motorraum des Dienstwagens tote Nager verwesen (Dorn: "Sieht mir nach 'nem klassischen Selbstmarder aus!"). Dennoch: Die fette Hoppe ist eine unterhaltsame und stellenweise brüllend komische Krimi-Persiflage, die den hohen Erwartungen trotz der flachen Spannungskurve gerecht wird und den Kollegen aus Münster den Fehdehandschuh hinwirft.

Bewertung: 7/10

4 Kommentare:

  1. Satzbau 1/10, sorry jungs aber lektoriert das bitte noch mal

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  2. Hm. Nö. Gefällt uns gut so. Kein Freund von Nebensätzen?

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  3. Eine coole Tatort-Folge, welche ihren Charakter bekommt durch die beiden schlagfertig und eigenartig handelnden Hauptdarsteller.
    Klasse gemacht! Zum Teil Irrwitzig.
    Weiter so.

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  4. Ich kann mich der positiven Bewertung nur anschließen: Der Umgang mit der Leiche ist urkomisch, wenn auch etwas grenzwertig, und das Figurenkonzept ist bereits sehr gelungen. Der Twist zum Mittelteil ist genial und viele Szenen sind zum Brüllen. Kleinere Schwächen sind meiner Ansicht in den teils etwas einfältigen Nebenfiguren zu finden. Trotzdem ein sehr gelungener Start: Auch von meiner Seite 7/10.

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