Schwarzer Peter

Folge: 718 | 18. Januar 2009 | Sender: MDR | Regie: Christine Hartmann
Bild: MDR/Saxonia Media/Junghans
So war der Tatort:

Geprägt von Frauen – und das in mehrfacher Hinsicht.

Da sind zum einen die beiden Filmemacherinnen: Christine Hartmann (Türkischer Honig) führt bei Schwarzer Peter zum vierten Mal für die Krimireihe Regie, während Drehbuchautorin Katrin Bühlig (Altlasten) bei ihrer zweiten Arbeit für den Tatort eindrucksvoll unter Beweis stellt, dass ihr brillantes Skript zum Frankfurter Meilenstein Unter uns kein Zufallstreffer war.

Die Autorin verarbeitet Zitate aus dem Zeit-Dossier Die Mörderin von Sabine Rückert und konzipiert ein zwar behäbig beginnendes, am Ende aber mitreißendes und erschütterndes Krimidrama, in dem die Leipziger Hauptkommissare Andreas Keppler (Martin Wuttke) und Eva Saalfeld (Simone Thomalla) bei ihrem vierten gemeinsamen Einsatz zum ersten – und leider für lange Zeit letzten Mal – auf ganzer Linie überzeugen.

Bühlig legt ihre Handlung als klassische Whodunit-Konstruktion an, doch Schwarzer Peter ist weit mehr als nur ein Sonntagskrimi zum Miträtseln. Der 718. Tatort ist vielmehr ein beklemmendes Drama über häusliche Gewalt und zugleich das posthume Porträt eines Menschen, der nur als Wasserleiche im Film zu sehen ist: Erfolgsunternehmer Peter Schneider wird tot aus dem Elsterkanal gezogen und die Tatverdächtigen stehen bei den Kommissaren förmlich Schlange.

Auch hier liegt der Fokus auf den weiblichen Figuren: Schneiders Ehefrau Gitta (herausragend: Suzanne von Borsody, Roomservice) scheint dem Toten am meisten nachzutrauern, während seine beiden Töchter Ivonne Schneider (souverän: Sandra Borgmann, Fette Krieger) und Susanne Kuhnert (stark: Chiara Schoras, Nur ein Spiel) die Nachricht vom Ableben ihres Erzeugers fast gleichgültig aufnehmen. War ihr Vater wirklich so ein Ekelpaket?

Das war er, und seine labile Gattin und die beiden ungleichen Töchter sind bei weitem nicht die Einzigen, die unter dem Schwarzen Peter zu leiden hatten. Keppler und Saalfeld ermitteln auch im Betrieb des Toten, lernen dort seinen opportunistischen Nachfolger Christian Bensen (Pierre Besson, Schmale Schultern) und dessen aufreizende Freundin Rieka Cordes (Nadja Becker) kennen.

Es ist der einzige Ort, an dem auch Keppler mal das Heft des Handelns in die Hand nimmt, während er ansonsten häufig von seiner Kollegin und Ex-Frau zurückgepfiffen wird.


SAALFELD:
Lass nur, ich mach das schon


Auch in dieser Hinsicht ist der Film auffallend auf das sprichwörtliche schwache Geschlecht fixiert: Die Gespräche von Frau zu Frau, die Saalfeld mit Gitta Schneider und Susanne Kuhnert führt, scheinen wichtiger als alle Ergebnisse der Spurensicherung oder Kepplers polizeilicher Spürsinn.

Und sie bieten Simone Thomalla, die sich immer wieder Vorwürfe wegen ihrer Schönheits-OP und Minimalmimik gefallen lassen muss, endlich einmal Gelegenheit, ihr Können aufblitzen zu lassen: Als Kuhnert auf der Zielgeraden des Krimis schwer von ihrem Mann Rüdiger (Thomas Huber, Es ist böse) misshandelt wird, hat Eva Saalfeld einen ihrer stärksten Tatort-Momente.

Wie schon in Unter uns beweist Drehbuchautorin Bühlig ihr gutes Gespür für ein authentisches Abbild des alltäglichen Grauens in scheinbar intakten Familien, wenngleich am Ende zu wenig Zeit bleibt, um echte Ursachenforschung zu betreiben.

Zwei bis drei Figuren weniger hätten der Geschichte, die nach der gemächlichen Auftaktphase von Minute zu Minute besser wird, nämlich gut getan: Katzenfreund Siegbert Finster (Hans-Uwe Bauer, Großer schwarzer Vogel) ließe sich problemlos streichen, und auch das berufliche Umfeld des Toten hätte nicht in dieser Ausführlichkeit illustriert werden müssen.

So kratzt das Drehbuch zwar letztlich nur an der Oberfläche, aber allein die starke Besetzung, die knifflige Auflösung und die bitterböse Schlusspointe machen Schwarzer Peter zum besten Tatort mit Keppler und Saalfeld.


SCHNEIDER:
Ich hatte doch vor drei Jahren 'nen Bandscheibenvorfall. Ich soll nicht so schwer tragen.


Bewertung: 8/10

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