Das Recht, sich zu sorgen

Folge: 988 | 22. Mai 2016 | Sender: BR | Regie: Andreas Senn
Bild: BR/Hagen Keller
So war der Tatort:

Sorgenvoll. Denn im zweiten Franken-Tatort laufen gleich drei Handlungsstränge parallel, und sie alle sind von Sorge, Einsamkeit und Verzweiflung geprägt.

Da ist zum einen die junge Steffi Schwinn (Barbara Prakopenka, Wegwerfmädchen), die im Wirtshaus ihrer Eltern die Leiche ihrer Mutter findet, während Vater Holger (Jörg Witte, Der irre Iwan) mit einer Jagdwaffe in den nahegelegenen Wald flieht.

Dann Professorin Magdalena Mittlich (Sibylle Canonica, Château Mort), die sich um den guten Ruf des Anatomischen Instituts der Universität Würzburg sorgt: Ein junger Doktorand hat einen Schädel entdeckt, der nicht zum restlichen Skelett passt und nicht in den Leichenpapieren vermerkt ist.

Und schließlich die ältere Dame Lydia Eichbaum (Tessie Tellmann), die vorm Nürnberger Präsidium aus Protest ein Zelt aufschlägt: Sie will sich nicht damit abfinden, dass die Polizei ihren verschwundenen Sohn nicht suchen will.

Viel Arbeit für die Hauptkommissare Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs), die Kommissare Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid) und Sebastian Fleischer (Andreas Leopold Schadt) sowie Spurensicherungsleiter Michael Schatz (Matthias Egersdörfer): Drehbuchautorin Beate Langmaack quetscht die drei Geschichten in ihr erstes Tatort-Skript, führt sie am Ende aber nicht zusammen.

Das birgt einen großen Nachteil: Das Geschehen vorm Präsidium bleibt in Sachen Tiefgang auf der Strecke und die zahlreichen Nebenfiguren nehmen sich gegenseitig den Raum zur Entfaltung. Das gilt aber auch für die Kommissare: Während Goldwasser nach Feierabend mit Doktorand Philip (Nils Strunk) auf Tuchfühlung gehen darf, gibt Kollege Fleischer in Das Recht, sich zu sorgen kaum mehr als drei, vier witzlose Bemerkungen von sich.


FLEISCHER:
Vielleicht isser ja bloß net doa, sitzt ahnungslos auf seinem Hochsitz. Er is schließlich Jeejer. I bin ja au so e Jeejer, ne.


Dass der zweite "Frangn-Dadord" nicht ganz an den Vorgänger Der Himmel ist ein Platz auf Erden heranreicht, hat aber auch andere Gründe: So geschickt die drei Handlungsstränge durch die Gefühlswelt ihrer Protagonisten motivisch miteinander verknüpft sind, so sehr fehlt es dem 988. Tatort an raffinierten Wendungen und Spannungsmomenten.

Als kniffliger Whodunit zum Miträtseln eignet sich Das Recht, sich zu sorgen ebenfalls nur bedingt: Wer die Gastwirtin auf dem Gewissen hat, klärt sich dank einer Überwachungskamera nach einer halben Stunde, dem Fall der alten Dame hingegen fehlt es komplett an Hintergründen. Außer Ringelhahn interessiert sich ohnehin niemand für die sture Lydia Eichbaum, obwohl der Krimi ihrem Schicksal seinen kryptischen Titel verdankt – und wenn die vielbeschäftige Hauptkommissarin sich bei Polizeipräsident Dr. Mirko Kaiser (Stefan Merki) über die hohe Arbeitsauslastung beschwert („Wir haben einen mutmaßlichen Mörder, der hockt in irgendeinem Wald, und wir sollen uns vier Jahre alte Knochen angucken?“), Eichbaum aber direkt im Anschluss zum gemütlichen Kaffeekränzchen bittet, wirkt das inkonsequent und wenig durchdacht.

Die reizvollste Geschichte ist die um den geheimnisvollen Schädel im Institut, bei der der Zuschauer nebenbei spannende Fakten über die Anatomie des Menschen erfährt – leider platzieren die Filmemacher hier mehrere überdeutliche Hinweise auf die spektakuläre Leichenbeseitigung, so dass die richtige Auflösung am Ende nur Formsache ist.

 Auch das vielbeschworene Lokalkolorit ist weit weniger ausgeprägt, als man erwarten sollte: Außer einer kurzen Sequenz auf der Würzburger Festung und einigen Panorama-Aufnahmen gibt es nur wenig von Stadt und Leuten zu entdecken, weil viel am Waldrand und im Anatomischen Institut gedreht wurde.

Rein handwerklich kann sich der 988. Tatort allerdings sehen lassen: Regisseur Andreas Senn (Das verkaufte Lächeln) und Kameramann Holly Fink (Der Fall Reinhardt) tauchen den melancholisch angehauchten Krimi in stimmungsvolle Bilder, die bereits den ersten Franken-Tatort auszeichneten.

Bewertung: 5/10

Der hundertste Affe

Folge: 987 | 16. Mai 2016 | Sender: Radio Bremen | Regie: Florian Baxmeyer
Bild: Radio Bremen/ARD Degeto
So war der Tatort:

Rasant.

Denn in Der hundertste Affe schalten die Filmemacher früh von null auf hundert: Regisseur Florian Baxmeyer (Die Wiederkehr), der bereits zum elften Mal einen Tatort im kleinsten deutschen Bundesland inszeniert, legt ein halsbrecherisches Erzähltempo vor und bricht dabei mit einigen Konventionen der Krimireihe.

Eine gemütliche Tätersuche fällt aus: Nach einer kurzen Einleitung, in der die Bremer Hauptkommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) vor den Trümmern ihrer Ermittlungen stehen ("Wir haben's verbockt!"), springt die Handlung ein paar Stunden zurück und das Geschehen wird chronologisch aufgerollt – Uhrzeiteinblendungen in bester 24-Manier inklusive.

Die jungen Terroristen Luisa (Friederike Becht), Sven (Franz Pätzold, Hydra) und Dabo (Jerry Hoffmann) drohen mit einem Giftanschlag aufs Bremer Trinkwasser, sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden: Wissenschaftler Dr. Urs Render (Manfred Zapatka, Havarie) soll sich öffentlich zu den Machenschaften seines Arbeitgebers bekennen – einem Biotech-Konzern, der ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt Millionen mit genmanipuliertem Saatgut und Pestiziden verdient.

Wie schon in Wer Wind erntet, sät Sturm stehen wieder radikale Umweltaktivisten im Blickpunkt dieses Bremer Tatorts – und wie schon beim letzten Mal feuern sie auch in Der hundertste Affe aus allen Rohren mit Plattitüden. Die toughe Luisa und der verliebte Sven reiben sich in ermüdenden Streitereien auf, deren Inhalt schon im nächsten Moment wieder vergessen ist – weil sie wie aus dem Baukasten zusammengesetzt klingen und schon in Dutzenden ähnlich gelagerter Filme so oder so ähnlich zu hören waren.


LUISA:
Wir gehen bis zum Ende. Das hast du mir versprochen.

SVEN:
Ja, das hab ich. Aber es war nicht vom Töten die Rede.


Die Schnittfrequenz ist atemberaubend, die Bilder oft verwackelt und die Dialoge so schnell aneinandergereiht, dass dem Zuschauer kaum Zeit bleibt, seine Gedanken zu sortieren. Ein probates Mittel zur Erzeugung von Spannung, doch die flotte Inszenierung und das echtzeitnahe Terror-Szenario können nicht über die schablonenhaften Figuren, den mangelnden Tiefgang und die Logiklöcher im Drehbuch von Christian Jeltsch (Hundstage) hinwegtäuschen: Dass in Der hundertste Affe weit über ein Dutzend Menschen sterben, gerät fast zur Randnotiz.

Das Schicksal der Opfer lässt einen völlig kalt, weil es nur in Nebensätzen thematisiert wird und ein weiterer Anschlag auf die Hansestadt verhindert werden soll. Wissenschaftler Render und der wichtigtuende Stadtrat Claas Beckmann (Johannes Allmayer, Das erste Opfer) sind wie die Terroristen nur wandelnde Klischees, und der psychisch labile Sven lässt sich nach dem Kapern einer Webcam im Präsidium mit einer simplen Retourkutsche narren, statt seinen Laptop einfach abzuschalten.

Deutlich glaubwürdiger gestalten sich die Machtspielchen im Krisenstab unter Leitung von Helmut Lorentz (Barnaby Metschurat, Côte d'Azur), in den neben Lürsen und Stedefreund auch Chefin Helen Reinders (Camilla Renschke) und der Kommissar vom Dienst Joost Brauer (Werner Wölbern, Kollaps) berufen wurden.

Und dann ist da ja noch die neue BKA-Kollegin Linda Selb (Luise Wolfram), die Stedefreund in die Horizontale bittet und auch zukünftig in Bremen mitermittelt: "Ich bin die Beste, wenn man mich in Ruhe lässt", keift sie schon bei der ersten Begegnung und sorgt mit ihren ich-fixierten Methoden fernab des Präsidims (das sie nur im Notfall betritt) für so manchen Lacher. Der amüsante Auftritt der egozentrischen Beamtin, die stark an die schwedische Kommissarin Saga Norén (Sofia Helin) aus der Krimireihe Die Brücke erinnert, ist der Lichtblick in diesem über weite Strecken seelenlosen Hochgeschwindigkeitstatort, dessen dynamische Gangart die dünne Geschichte bei weitem nicht übertünchen kann.

Und spätestens, als die kreischende Luisa beim Showdown drei Dutzend aufgeregte Journalisten mit einer Wassersprinkleranlage in Schach hält, driftet der 987. Tatort (der eigentlich der 1000. ist) sogar noch in die unfreiwillige Komik ab.

Bewertung: 3/10

Ein Fuß kommt selten allein

Folge: 986 | 8. Mai 2016 | Sender: WDR | Regie: Thomas Jauch
Bild: WDR/Martin Menke
So war der Tatort:

Pirouettenreich. Denn Ein Fuß kommt selten allein spielt dort, wo sich vor allem Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) nach Feierabend gern aufhält: im Tanzverein.

Und der Tatort aus Münster wäre nicht der Tatort aus Münster, wenn die Juristin sich für ihr Tango-Training nicht einen ganz besonderen Tanzpartner ausgesucht hätte: Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers), der seiner Assistentin Silke "Alberich" Haller (Christine Urspruch) die jüngst erhaltene Verdienstmedaille des Bundespräsidenten neidet und im Gegenzug auf eine Klemmsche Empfehlung für eben jene Auszeichnung hofft, zeigt bei der gemeinsamen Einlage auf dem Parkett vollen Körpereinsatz. Der Zufall will es, dass Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) im selben Tanzverein ermittelt: Im Wolbecker Wald wurde das Skelett der Moldawierin Elmira Dumbrowa gefunden, die einst zu den besten Tänzerinnen des Clubs zählte.

Schon zu diesem frühen Zeitpunkt wird deutlich, dass Logik und Spannung beim 29. Fall von Thiel und Boerne einmal mehr hinter Dialogwitz und Albernheiten zurückstehen müssen: Hätten die Ermittler den Wald nach dem Fund des Skeletts einfach großräumig abgesucht, statt immer wieder dort hinzufahren und neue Spuren zu entdecken, wäre das zwar deutlich logischer gewesen, hätte die Dramaturgie aber aus den Angeln gehoben.

Drehbuchautor Jan Hinter (Erkläre Chimäre), der bereits das zwölfte Drehbuch für einen Tatort aus Münster beisteuert, setzt auf sein bewährtes Erfolgsrezept und lässt es sich nicht nehmen, einen amüsanten Seitenhieb auf die vielen TV-Kritiker (uns eingeschlossen, vgl. Das Wunder von Wolbeck) zu verteilen, die in den letzten Jahren mitunter kein gutes Haar an den massenkompatiblen Folgen aus Westfalen ließen.


THIEL:
Geht's vielleicht auch mit ein bisschen weniger Klamauk?

BOERNE:
Dann müssen Sie sich einen anderen Rechtsmediziner suchen.


Wer auf einen packenden Krimi mit Tiefgang hofft, wird zum wiederholten Male enttäuscht: Knisternde Spannungsmomente oder verblüffende Wendungen sucht man in diesem leichtverdaulichen, thematisch aber durchaus erfrischenden Film vergebens.

Erfreulicherweise driftet der 986. Tatort aber selten ganz in den Klamauk ab: Die Mischung aus klassischen Whodunit-Elementen und mal mehr, mal weniger originellem Dialogwitz steht in einem stimmigeren Verhältnis als in manch anderer Folge der jüngeren Vergangenheit (man denke nur an die enttäuschende Klamotte Mord ist die beste Medizin).

Auch die zweite Meta-Anspielung des Professors trifft ins Schwarze ("Eine DNA-Analyse dauert schon etwas länger als ein Sonntagabendkrimi."), doch an anderer Stelle übertreiben es die Filmemacher: Bei der witzlosen Nebengeschichte um Thiels "Vaddern" Herbert (Claus D. Clausnitzer), der den knochenreichen Wolbecker Wald als ertragreiches Terrain für das Sammeln von Fliegenpilzen ausgemacht hat, kommen wohl nur die eingefleischtesten Fans auf ihre Kosten. Spätestens, als der Alt-Hippie dank der vorprogrammierten Magenverstimmung das eigene Taxi vollkotzt, ist die gesunde Dosis an Albernheiten deutlich überschritten.

Schwächeln tut Ein Fuß kommt selten allein auch beim Blick auf die Besetzung: Thomas Heinze wird als aufbrausender Präsident deutlich weniger gefordert als bei seiner vorherigen Tatort-Rolle in Wer Wind erntet, sät Sturm, andere Nebendarsteller mögen tolle Tänzer sein, sind schauspielerisch aber limitiert. Und nicht nur der strenge und mit einem entscheidenden Handicap ausgestattete Tanztrainer Andreas Roth (Max von Pufendorf, Heimspiel) wirkt überzeichnet.

Die Fans von Thiel und Boerne kommen dennoch auf ihre Kosten: Bei der Motorradfahrt mit Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) schlägt der vielfach tatorterprobte Regisseur Thomas Jauch (Ohnmacht) den Bogen zu Thiels geplatztem Biker-Urlaub in Ruhe sanft, während Boerne die modisch eigenwilligen Gummistiefel trägt, die für den besten Gag in Spargelzeit sorgten.

Und dann sind da noch die stimmungsvollen Bilder vom abschließenden Tanzwettbewerb, die den Zuschauer mit einem standesgemäßen Footloose-Ohrwurm in die Nacht entlassen - auch wenn die vielen Statisten im Saal nicht halb so begeistert mitfiebern wie das Publikum in der RTL-Show Let's dance, in der die mehr oder weniger prominenten Hobbytänzer die Halle regelmäßig zum Ausflippen bringen.

Bewertung: 5/10

Narben

Folge: 985 | 1. Mai 2016 | Sender: WDR | Regie: Torsten C. Fischer
Bild: WDR/Uwe Stratmann
So war der Tatort:

Normal.

Denn beim Kölner Beitrag Narben kommen am Maifeiertag 2016 vor allem jene Zuschauer auf ihre Kosten, die sich nach den turbulenten letzten Wochen "endlich mal wieder einen normalen Tatort" wünschen: Nach dem sperrigen Münchner Milieuthriller Mia san jetz da wo's weh tut, dem packenden Frankfurter Psychothriller Die Geschichte vom bösen Friederich und dem vieldiskutierten Weimarer Klamaukfeuerwerk Der treue Roy liefert der WDR unaufgeregte Krimi-Kost, wie man sie seit Jahren aus Köln gewöhnt ist.

Dabei ist es "schon wieder was mit Flüchtlingen": Teile des Publikums beschwerten sich in den Monaten vor der Erstausstrahlung über die vermeintliche Einseitigkeit der Drehbücher, und so ganz Unrecht haben diese Kritiker nicht: Die Tatort-Autoren verarbeiten nun mal gern das aktuelle Zeitgeschehen, und so zählten zuletzt oft skrupellose Schleuser, mittellose Flüchtlinge oder illegale Einwanderer zum Kreis der Tatverdächtigen.

Das ist in Narben, den Regisseur Torsten C. Fischer (Der Fall Reinhardt) mit ruhiger Hand inszeniert, ganz ähnlich: Der kongolesische Arzt Dr. Patrick Wangila (Jerry Elliott) wird erstochen vor einem Kölner Klinikum aufgefunden – und eine Spur führt die Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär), die wie gewohnt von Assistent Tobias Reisser (Patrick Abozen) und Gerichtsmediziner Dr. Roth (Joe Bausch) unterstützt werden, in ein Flüchtlingsheim.

Dort ist zuvor eine ebenfalls aus dem Kongo stammende Frau in den Tod gestürzt, ihre beste Freundin Cecile Mulolo (Thelma Buabeng, Ihr Kinderlein kommet) gilt zudem als verschwunden. Bis zu dieser Erkenntnis sieht alles nach einem stinknormalen Beziehungsdrama aus.


SCHENK:
Vielleicht lieg' ich mit meinem Arztroman ja doch nicht so ganz falsch.


Der Kommissar scheint mit seinem unverhohlenen Schubladendenken zunächst richtig zu liegen, denn neben Ehefrau Vivien Wangila (Anne Ratte-Polle, Hundstage) hatten wohl auch Kollegin Dr. Sabine Schmuck (Julia Jäger, Heimatfront) und Krankenpflegerin Angelika Meyer (Laura Tonke, Vielleicht) ein Auge auf den ermordeten Arzt geworfen.

Mit dem Besuch im Flüchtlingsheim hievt Drehbuchautor Rainer Butt (Im Alleingang) die Geschichte aber auf eine neue Ebene: Schnell wird deutlich, dass der Tote kein unbescholtener Vorzeigemediziner war. Vielmehr schlagen die Filmemacher den Bogen zum Bürgerkrieg im Heimatland des Toten – doch anders als in Manila oder Blutdiamanten dürfen die einstigen Globetrotter Ballauf und Schenk die Domstadt diesmal nicht verlassen. Auch die obligatorische Stippvisite an der Currywurstbude fällt aus (soll aber in Zukunft wieder stattfinden, wie Dietmar Bär uns im Interview verriet).

Ansonsten geht alles seinen gewohnten Gang: Eine gute Stunde lang reiht sich in Narben eine "In welchem Verhältnis standen sie zum Toten?"-Befragung an die nächste, ohne dass die Geschichte dabei an Fahrt aufnähme. Überraschungsmomente sind trotz des interessanten Themas Mangelware, vielsagende Blicke hinter den Rücken der Kommissare verraten dem Zuschauer mehr als die Antworten der Verdächtigen, und von den Befragten wird eine Person auffallend ausführlich skizziert – wer nicht zum ersten Mal einen Tatort schaut, dürfte keine große Mühe haben, die Auflösung der klassischen Whodunit-Konstruktion vorherzusagen.

Erst auf der Zielgeraden kommt der dialoglastige Krimi auf Touren: Der Showdown wirkt zwar etwas konstruiert, ist aber zumindest spannend in Szene gesetzt. Hier darf sich schließlich auch Psychologin Lydia Rosenberg (Juliane Köhler, Wahre Liebe) aktiv ins Geschehen einschalten, statt wie bei so manchem ihrer bisherigen vier Auftritte im Kölner Tatort nur mit dem ewigen Junggesellen Max Ballauf anzubandeln. Am durchschnittlichen Gesamteindruck ändert das nichts: Nach Benutzt und Kartenhaus bewegt sich der Krimi aus der Domstadt 2016 weiterhin im grauen Mittelmaß.

Bewertung: 5/10